Montag, 8. Oktober 2007

Frühstück

Du wachst morgens mit demselben Gefühl auf mit dem du am Abend zuvor eingeschlafen bist.
Du kuschelst dich in deine Decke und zögerst den Moment aufzustehen so lange wie möglich hinaus.
Deine Gedanken kreisen umher. Du versuchst dir selbst Mut zu machen, redest dir ein, dass es nicht schlimm ist.
Du stehst auf und begibst dich ins Bad.
Alles wie jeden Morgen. Das gleiche Ritual.
Du stehst vorm Spiegel. Tief Luft holen.
Deine kalten Füße lösen sich von den noch viel kälteren Fliesen.

Du ziehst dich an, schon lange hast du gelernt in deine Socken nur noch im Sitzen hinein zu schlüpfen. Gleichgewicht, was ist das?
Irgendwann bist du fertig. Du hast es geschafft. Du hast es geschafft auch diesen Morgen aufzustehen. Mehr als du vielleicht am Abend erwartet hast.
Du versuchst die Gedanken abzuschütteln, denn jetzt kommt der schönste Teil des ganzen Morgens.
In der Küche füllst du Wasser in die Kanne, das du dann sofort wiederum in die Maschine kippst. 5 Tassen. Ist das zu viel?
Du angelst nach der Kaffeedose und öffnest sie. Ein Schwall atemberaubender Gerüche prallt dir entgegen. Deine Sinne spielen verrückt. Wahrnehmung, Geschmack, Bilder rasen durch deinen Kopf, Phantasien von dekadenten Frühstücksorgien.
Eins, zwei, drei, vier, fünf gestrichene Löffel sausen in den Filter.
Nach einer Weile beginnt es verheißungsvoll aus der Küche zu glugern und ein Duft weht durch die Räume, der so ganz anders ist als der konzentrierte des Kaffepulvers, gierig atmet deine Nase jedes Bißchen davon ein. Nichts davon darf verloren gehen.
Deine kalten Finger umklammern eine viel zu heiße Tasse. Du beobachtest wie ein paar Süßstofftabletten mit einen Zischen an die Oberfläche der schwarzen Flüssigkeit steigen und sich rasend schnell in Nichts auflösen.
Vorsichtig nibbst du an deiner Tasse.
Der erste Schluck. Jeden Morgen ein Highlight. Deine lang vermissten Lebensgeister werden geweckt. Geschmack auf deiner Zunge. Endlich.
Behutsam stellst du die Tasse ab und zündest dir eine Zigarette an.
Das gleiche Spiel.
Der erste Zug. Jeden Morgen.
Die Illusion von Entspannung. Gib dich ihr hin, denn dieser Moment ist der einzige an diesem Tag, an dem du für ein paar Sekunden vergisst. Vergisst, dass du Hunger hast, vergisst, dass du müde bist, vergisst, dass du schwach bist.
Du drehst die Musik auf. Je lauter sie ist, desto stiller wird es in dir. Vielleicht schließt du die Augen beim nächsten Schluck.
Vielleicht wird alles gut werden, vielleicht wirst du heute gut sein, stark genug und Zufriedenheit finden.
Dann ist sie da, du weißt nicht woher du sie genommen hast, aber es ist dir auch egal, denn du hast den ganzen verdammten Morgen auf sie gewartet: die Entschlossenheit.
Du gehst zurück in die Küche. Jeden Schritt den du machst, erscheint dir wertvoll, bringt dich näher zu deinem Ziel.
Du füllst erneut deine Tasse. Jeden Schluck den du machst, jeder Tropfen, der deine Kehle hinunter läuft, erscheint dir wie Balsam, durchwandert deinen gesamten Körper mit Kraft.
Die rauchst noch eine Zigarette und jeder Zug durchströmt deine Lungen mit Mut.
Alles ist jetzt gut, alles wird gut werden.
Vergiss den Weg der noch vor dir legt und schenke dem, den du bereits beschritten hast mehr Beachtung.
Lass niemals zu, dass du zweifelst, die Geduld verlierst.
Was ist schon Schmerz? Wenn man keine Angst zulässt, keine Pausen zum Nachdenken lässt, die Kontrolle nie verliert?
Einfach weiter machen. Einfach weiter machen.
Du weißt nämlich ganz genau, was dich erwartet, wenn du stehen bleibst, was für bodenlose Abgründe sich vor dir auftun, wenn du nach unten siehst.
Und es ist so leicht:
Du musst dir einfach nur einreden, dass die Welt verschwindet, wenn du nur fest genug die Augen vor ihr verschließt.
Du musst einfach nur daran glauben, dass sich hinter deiner wertlosen Hülle dein wahres Ich befindet, das zum Vorschein kommt, wenn es dir endlich gelingt diese Hülle abzustreifen.
Du bist kein dummer Mensch, auch wenn du es gerne wärst, aber du weißt, dass dein Problem schon immer die Konzentration war. Du hast dich immer wieder ablenken lassen um dem, was dir Angst macht, nicht ins Gesicht sehen zu müssen.
Du hast gelernt an allen Spiegeln vorbei zu gehen ohne hinzusehen.
Du hast gelernt zu verzichten, weil du wissen willst, was übrig bleibt, wenn die Maske deiner normalen Welt fallen gelassen wurde.
Du schreist und niemand hört dich. Du weinst und niemand tröstet dich. Du stirbst und niemand rettet dich.
Doch denk nicht, dass du alleine bist. Denk nicht, dass alles umsonst war.
Denn was auch kommt, du hast ja immer noch diese eine Sache, die dir niemand wegnehmen kann, die dich stark macht, diese Leere, die dich von innen heraus füllt.
Diese eine Sache mit der alles begonnen hat und mit der, wie du in deinen wenigen vernünftigen Momenten weißt, alles eines Tages auch enden wird.
Diese eine Sache, die dich zu dem gemacht hat, was du jetzt bist.
Diese eine Sache, die dir die Luft zum atmen nimmt und dir gleichzeitg den Raum zum weglaufen gibt.
Diese eine Sache, die es dir ermöglicht hat eine solide Mauer zwischen dir und allem Schmerz zu erbauen und dich damit gleichzeitig in die Einsamkeit verbannt hat.
Diese eine Sache, die ihre schützende Hand um dich hält, dich niemals, niemals fallen lassen.
Diese eine Sache, die dich morgens weckt und dich Abends nicht einschlafen lassen will.
Diese eine Sache, die dich quält, die dich rettet, die dich aufrecht hält, die dich tötet.

Du stehst auf. Der Tag kann jetzt beginnen. Und ertragen kannst du ihn nur, indem du auf den nächsten hoffst.
Denn wer weiß, vielleicht wird dieser ja besser.
Warum du das alles tust? Warum du nicht einfach zurück kehrst?
Weil du einmal damit angefangen hast und nun nicht mehr glauben kannst, dass es noch etwas anderes gibt. Denn du hast alles andere schon längst zerstört, es dir selber weggenommen, aus der Angst heraus, das was du begonnen hast nicht zu Ende bringen zu können.
Und nun musst du es zu Ende bringen, denn es gibt keine Alternative mehr.
Sei ruhig stolz auf dich.
Du hast in deinem Leben ein Ziel. Und auch wenn ein kleiner, stiller Teil von dir genau weiß, dass du es niemals erreichen wirst, gibt es dir Kraft.

Denn jetzt, endlich und nur so, kannst du glauben, dass du nicht vor etwas davon, sondern auf etwas zu läufst.

Spaßmädchen

Ich bin ein Mädchen, über das man Lieder schreiben sollte!

Profile

Name: Leonie - Rachel
Birthday: 19th March 1990
City: Vienna


♥personal note♥

wenn ich von dir träume
sehe ich uns auf einen abgrund liegen die sterne beobachten
und das meer hören wir wie es gegen die klippen kracht.
du gibst mir das vertrauen zu dieser welt.
ich nehm deine hand
wir gehn zum abgrund
durch dich kann ich fliegen
und wir fliegen hoch bis zu den sternen.
wo wir weiter leben bis in die unendlichkeit.



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